Von Wien nach Pakistan und auf den Spantik – Hannahs großes Abenteuer

Könnte ihr euch noch an Hannahs Pakistanreise und die Expedition zum Gipfel des Spantik (7027m) erinnern? Im bereits erschienenen Beitrag konntet ihr mitverfolgen wie sich Hannah auf ihr Abenteuer vorbereitet hat – vom Organisieren und Einkaufen der Ausrüstung bis hin zum körperlichen und mentalen Training. Das könnt ihr zum Auffrischen HIER nochmal nachlesen. Im heutigen Beitrag soll es konkret um die Reise selbst gehen. Ihr erfahrt wie Hannah von zuhause ins Basislager gereist ist, wie wegen schlechter Wetterbedingungen eine Chance nach der anderen verstrich, bevor es dann doch noch kurz danach aussah, als würde sie ihr großes Ziel erreichen. Und ihr lest auch darüber, wie es sich anfühlt zu scheitern und trotzdem mit einem Gefühl abzureisen, etwas erreicht zu haben.

@hannah.quat

Hannah lebt und arbeitet in Wien von wo sie auch ihren ersten von insgesamt drei Flügen angetreten ist, um ihrem Ziel – dem 7027 Meter hohen Spantik in Pakistan – näher zukommen. Von Wien aus ist die begeisterte Bergsportlerin nach Istanbul und von dort aus weiter nach Islamabad geflogen. Glücklicherweise waren zu diesem Zeitpunkt die Wetterbedingungen gut genug, sodass sie auch den Inlandsflug von Islamabad nach Skadu problemlos nehmen konnte. Viel mühsamer als das wäre die Alternative, die über mindestens zwei Tage hinweg von einem Pass zum nächsten im Auto und Bussen führen würde. Der Punkt an dem sie dann schließlich weggehen und mit dem eigentlichen Abenteuer beginnen konnte, war aber noch immer nicht erreicht. Denn von Skadu musste sie noch einmal eine Halbtagestour mit dem Bus zurücklegen, um in Arandu anzukommen, wo sie sich endlich zu Fuß auf den Weg machen konnte und in Richtung Basislager trekken konnte. Vom Abflug bis zur Ankunft im Basislager vergehen schon mindestens fünf Tage. Hannah war bis dahin schon 9 Tage unterwegs. Von einer kurzen Anreise kann also nicht die Rede sein.

Wenn sich Dimensionen verschieben

Der Trek zum Basislager, ausgehend vom Bergdorf Arandu, war im Vergleich zur tatsächlichen Besteigung fast ein Spaziergang. Beginnend bei einer Seehöhe von 2800m, ist das Klima noch recht warm und die Vegetation erinnert teilweise an eine Wüste. Von Meter zu Meter denen man sich dem Basislager auf etwa 4300m nähert, wird es zusehends kühler und die Vegetation immer weniger. Bis man schließlich nur mehr am Gletscher unterwegs ist. Und der hat es in sich. Denn der Chogolungma-Gletscher erstreckt sich mit 47km Länge weit über den Zustieg zum Basecamp hinweg. Zu dieser Zeit bemerkt Hannah nicht nur immer mehr Veränderungen in ihrer Umgebung, sondern auch an ihrem Körper. Sie spürt die Höhe zusehends. Doch dank ihrer körperlichen Fitness und ihrer starken Mentalität lässt sie sich davon nicht unterkriegen. In den Gesprächen mit ihr kommt viel mehr immer wieder der Anschein auf, dass sie sich ganz genau darauf freut, sich wieder so richtig herausfordern zu können und sich zu spüren. Trotzdem war sie sich schon bei der Planung der Reise darüber im Klaren, dass das nicht zwingend so sein muss. Um sich besser zu aklimatisieren, stieg sie selbst nach einer 9-stündigen Wanderung in Richtung des Basislagers noch Extra-Höhenmeter hinauf: „Wir haben das so gemacht, dass wir dann einfach noch einen kleinen Hügel von 300 bis 400 Höhenmetern hinaufgegangen sind und danach so richtig tief und fest geschlafen haben. Am nächsten Tag toleriert der Körper die Höhe umso besser. Das zahlt sich dann schon aus.“, erzählt die leidenschaftliche Alpinistin. Hannah spricht hier ganz locker von einem „kleinen Hügel“, während für andere genau die 300 bis 400 Höhenmeter schon eine Bergwanderung ausmachen. Sichtbar wird wieder, wie sehr sich die Dimensionen von Höhe, Länge und Dauer auf über 4000 Meter verschieben.

Packerlsuppen are a Mountaingirl´s best friend

Apropos Schlafen. Schlafen muss man am Berg wirklich genug. Nicht nur deshalb, weil es einfach anstrengend ist auf einer so großen Tour unterwegs zu sein, sondern auch, weil die Höhe ganz viel Energie kostet. Geschlafen wird also extrem viel und das nicht nur nachts, sondern auch tagsüber. Mindestens ein Raschtler musste schon drinnen sein, um leistungsfähig zu bleiben und so auch die Höhe besser zu akzeptieren. Nur bei zwei Etappen musste sie schon in den frühen Morgenstunden aufbrechen, ansonsten hieß es schlafen, ausreichend essen und trinken. Im Basislager wurde Hannah kulinarisch bestens versorgt. Dort gab es wirklich dreimal täglich warme Mahlzeiten, immer ein Plätzchen zum Teetrinken und ein Gemeinschaftszelt zum Aufwärmen und Zusammensitzen. Sobald sie aber von dort aufgebrochen ist, war Hannah auch essenstechnisch auf sich alleine gestellt beziehungsweise waren sie ja zu zweit unterwegs – Hannah und ihr Freund. Dafür hatten die beiden gaaaanz viel Fertignahrung mit. Klingt nicht gesund, ist es wahrscheinlich auch nicht. Aber es ist die einzige Möglichkeit, um Gewicht und Platz einzusparen und sich trotzdem zumindest die wichtigsten Nährstoffe zuzufügen. Besonders entdeckt hat Hannah für sich Fruchtgummis und Fertigsuppen. Die ganze Palette der österreichischen Packerlsuppen hat Hannah am Fußes des Spantiks verkostet und darauf hatte sie tatsächlich immer Gusto. Während die anderen Fertiggerichte, wie Nudeln, Eintöpfe und ähnliches eher ein Übel waren und sie sich nur deshalb einverleibte, um ihren Kalorienbedarf annähernd zu decken. Was sie auch immer gerne gegessen hat, waren vegane Energieriegel, die sie sich zuhauf schon aus Österreich mitgenommen hat. Wirklich Hunger hatte Hannah nicht, eher musste sie sich zum Essen zwingen. Durst dagegen hatte sie immer. Viel zu trinken wird auch gegen Symptome der Höhenveränderung empfohlen und so kam die Bergsteigerin täglich auf mehrere Liter.

Knackpunkt.

Wer davon ausgeht, dass die Aklimatisierung ab dem Basislager erledigt ist, hat sich getäuscht. Dieser Prozess verfolgt die Sportlerin die gesamte Expedition lang und irgendwie auch zuhause noch. Doch dazu später mehr. So ging es von der Base weiter hinauf zum Lager 1, von dort wieder zurück in die Base, wo wieder ein Tag Pause eingelegt wurde. Am nächsten Tag stieg Hannah wieder ins Lager 1 auf, welches sich auf circa 5000m befindet. Auch dort nächtigte sie einmal, bevor sie zum Lager 2 auf etwa 5500m aufstieg, wo sie wiederum zwei Nächte verbrachte. Bis hierher musste die gesamte Ausrüstung hochgetragen werden. Das waren demnach zwei Zelte, die ganz besonders auf die größere Höhe und die veränderten Bedingungen dort ausgelegt sind, die ganze Kleidung und das Berg-Equipment, sowie Lebensmittel. „An diesem Punkt kam es zu einer Art Knackpunkt auf dieser Expedition.“, erzählt Hannah. Es begannen jene Stunden und schließlich jene Tage, die die gesamte Tour bestimmten sollten. Rasch musste abgewogen werden, ob die Wetter- und Schneebedingungen gut genug wären, aber auch, ob ihre Konstitution und die Adaption an die Höhe bereits ausreichend fortgeschritten waren, um weiter aufzusteigen. Und dieser Schritt wollte gut geplant werden, denn ein drittes Zelt gab es nicht, sie mussten wenn dann das Zelt von Lager 2 abbauen und mitnehmen. Außerdem sagte der Wetterbericht nur mehr drei Schönwettertage voraus. Wird dieses kleine Fenster dann doch groß genug sein, um den Gipfel zu erklimmen? Sollen sie gleich von Lager 2 ins Lager 3 und von dort aus zum Gipfel aufbrechen, ohne einen Tag auf der Höhe von Lager 3 zu verbringen? Schließlich entschieden sie sich so vorzugehen, wie es vorgesehen war: Step by step vom Lager 2 ins dritte Lager, dort ein bisschen verweilen, bevor sie wieder abstiegen ins Lager 2. Ein zehrendes Hin und Her. Ganz besonders zehrend an den Nerven, denn ewig ist ja auch nicht Zeit… Und trotzdem müssen sie wegen einer Schlechtwetterfront umkehren und absteigen ins Basislager. Also quasi alles auf Null. Und von da an war klar: Wirklich gut wird das Wetter nicht mehr.

Ein Traum schmilzt dahin

Nach einigen Tagen im Basislager kam endlich wieder eine gute Nachricht. Für drei Tage wurde besseres Wetter vorhergesagt. Nur drei Tage. Aber immerhin, drei Tage! Also entschieden sie, innerhalb eines Tages vom Basislager bis ins Lager 2 aufzusteigen, wo sie davor ihre gesamte Ausrüstung, die sie für den Gipfel brauchen würden, zurückgelassen haben für bessere Tage. „Und dann haben wir gewartet, dass es schön wird. Und es wurde nie wieder schön.“, als Hannah diese Worte aussprach lag Bitterkeit in ihrer Stimme. Sie sonst so positive und optimistische Hannah klang erstmals im Anflug traurig, enttäuscht und ja, sauer. Drei Tage schneite es durchgehend, sodass an einen Aufstieg zum Gipfel (vorerst) nicht mehr zu denken war. Das bedeutete auch drei Tage nur im Zelt zu verbringen und das liegend. Ein Lagerkoller war vorprogrammiert, schließlich wusste Hannah bald nicht mehr wie sie liegen oder sitzen sollte, das Kartenspielen wurde auch langweilig, der Freund war plötzlich voll nervig und die Aussicht darauf, dass der große Traum vom Spantik damit zu Ende geht, besserte die Stimmung natürlich auch nicht. Schließlich fällten sie jene unausweichliche Entscheidung, packten die gesamte Ausrüstung zusammen und machten sich bereit zum Abstieg ins Basislager. Mit vier weiteren Bergsteiger*innen machten sie sich auf den beschwerlichen Weg. Alles war verschneit und vereist, jeder Meter musste am Seil zurückgelegt werden, jeder Schritt musste neu gespurt werden. Und dann wurde auch noch ein Teammitglied schneeblind. Der junge Mann sah nur mehr Konturen und konnte damit nicht mehr zum Spuren eingesetzt werden. Aus Sicherheitsgründen musste er von da an immer direkt hinter einer anderen Person gehen, um nicht die Orientierung zu verlieren.

Schritt für Schritt ins Basislager zurück

Jeweils zu dritt hingen sie an einem Seil, wobei immer jemand in eine Spalte gerutscht ist. Zwar waren es keine großen Spalten, aber doch tief genug, dass man mit dem Unterschenkel festhing und sich mühsam wieder befreien musste. Dementsprechend war die Stimmung auch zu dieser Zeit nicht am Höhepunkt. Nein, die Stimmung war sogar richtig geladen. Während Hannah und ihr Freund ein wirklich eingespieltes Team sind, willigten sie ein eine dritte Person, die alleine unterwegs war, in ihre Seilschaft einzubinden. Eine gefährliche, aber menschlich total nachvollziehbare Entscheidung, wie sich später herausstellen sollte. Denn es zeigte sich, dass der Mann kaum Erfahrung am Berg hatte und schließlich für sich selbst und damit auch für alle anderen im Team eine Gefahr darstellte. Obwohl alle in der Gruppe äußerst hilfsbereit und rücksichtsvoll waren – trotz der angespannten Situation – wollte er sich nicht in die Gruppe eingliedern. Nach dem Abstieg ins Basislager hat sich die Reisegruppe zunehmend zerschlagen. Zwar waren alle erleichtert sicher im Basecamp angekommen zu sein, doch die Geduld der Reisenden war nach dem strapaziösen Abstieg fast gänzlich aufgebraucht. Trotzdem hieß es dann wieder abwarten. Fünf ganze Tage lang bei strömendem Regen. Dann kam noch hinzu, dass die dort wartenden Zelte undicht waren – alles war nass und zwar wirklich alles. Die ganze Wäsche, die Schuhe, alle Unterlagen, Bücher und die Daunenschlafsäcke. „Und dann liegst du da, in einem nassen Schlafsack, dein Zelt ist undicht und es hört nicht mehr auf zu regnen. Du kannst nichts anderes machen als weiter abzuwarten.“, erzählt Hannah enttäuscht von dieser Erinnerung. Auf die Frage darauf, ob Hannah jemals ans Aufgeben gedacht hätte, antwortet sie nach kurzem Überlegen mit: „Ja, schon. Beim Hinuntergehen. Das Tempo war für mich einfach zu schnell und ich war wirklich schon erschöpft. Da war ich dann auch mal kurz vorm Weinen.“ Der Abstieg ohne Gipfelsieg machte für Hannah einfach keinen Sinn mehr.

Die Stimmung hob sich erst wieder, als sie in einem kleinen Bergdorf am Weg raus aus dem Tal bei einer Familie warmes Essen bekamen. Die Leute dort waren einfach total empathisch und versuchten die Reisenden zu ermutigen. Nach und nach legte sich das bedrückende Gefühl der Enttäuschung und zunächst machte sich die Vorfreude auf eine heiße Dusche und ein Bett in Hannah breit.
Im Gespräch wird deutlich, dass die ganze Expedition mit großen Auf und Abs der Gefühle verbunden war. Geweint hat Hannah sehr oft und das nicht nur vor Enttäuschung, Wut und Erschöpfung. Sondern beispielsweise auch, als sie angekommen ist und zum ersten Mal den Gipfel im Sonnenlicht glitzern sah. Der Gedanke daran, dass das ihr Berg ist, trieb ihr vor Freude die Tränen in die Augen. Beim Ankommen waren es Freudentränen und bei der Abreise Tränen deshalb, weil es vorbei war. Für Hannah war es ganz bestimmt nicht das letzte Abenteuer und damit auch nicht die letzten Tränen, die ihr in die Augen traten, weil sich ein unheimlich großes Gefühl der Vorfreude in ihrem Herzen breit machte.

Du möchtest dich auch von Hannahs Motivation, Energie und Leidenschaft anstecken lassen? Dann schau doch bei @hannah.quat vorbei und folge ihr auf ihren Abenteuern und kommenden Expeditionen, denn darauf wird sie bestimmt nicht lange warten lassen.
Du hast Fragen an Hannah rundum ihre Ausrüstung, die Reise, die Besteigung, die Agentur, … Dann melde dich bei @hannah.quat oder hinterlasse hier ein Kommentar.

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